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Ausstellung mit Tradition

Was 1955 als „Ständige Schau formschöner Industrieerzeugnisse“ in der Villa Hügel begann, hat sich inzwischen zur weltgrößten Ausstellung zeitgenössischen Designs entwickelt. Rund 2.000 internationale Designobjekte präsentiert das Red Dot Design Museum aktuell im ehemaligen Kesselhaus der Zeche Zollverein.

Gründung des Vereins „Industrieform e.V.“
Am 30. Juli 1954 wurde auf Initiative des Leiters der Krupp’schen Öffentlichkeitsarbeit Carl Hundhausen der Verein „Industrieform e.V.“ gegründet. Er sollte Qualität im Design auch bei industriellen Produkten fördern. Ziel war es, eine „Ständige Schau formschöner Industrieerzeugnisse“ ins Leben zu rufen. Damals wie heute wurden sämtliche Exponate im Rahmen eines Wettbewerbs – aus dem der heutige Red Dot Design Award hervorging – von einer unabhängigen Fachjury beurteilt und für ihre hervorragende Gestaltungsqualität ausgezeichnet.

„Ständige Schau formschöner Industrieerzeugnisse“ in der Villa Hügel (1955–1961)
Am 5. Oktober 1955 wurde die „Ständige Schau formschöner Industrieerzeugnisse“ im Kleinen Haus der Villa Hügel eröffnet. Sie war Teil des Imagewandels von Krupp nach dem Krieg, lenkte aber vor allem die Aufmerksamkeit der deutschen Wirtschaft auf das Thema Design. Die glanzvolle Eröffnungsfeier unterstrich die hohe Bedeutung. Die Musterschau präsentierte Produkte, die von einer Jury als formschön ausgewählt wurden. Die von dem Architekten Paul Mahlberg gestalteten Ausstellungsräume hatten ein puristisches Erscheinungsbild und die Objektpräsentation war durch Sachlichkeit geprägt. Von Porzellan über Möbel und Haushaltsgeräte bis hin zu neuesten technischen Innovationen: Gut gestaltete Produkte waren erstmalig einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich. Die Ausstellung trug in der Folge zur ästhetischen Bildung und zum heutigen Verständnis von Designkultur bei.

Neuer Standort in der Alten Synagoge (1961–1979)
Als die Firma Krupp anlässlich ihres 150-jährigen Jubiläums 1961 in der Villa Hügel eine Ausstellung zur eigenen Geschichte plante, zog die Designschau in die Alte Synagoge um, die seit der Brandstiftung in der Reichspogromnacht 1938 leer stand. Die neue Nutzung des jüdischen Sakralbaus löste eine kontroverse Diskussion aus, fand aber letztlich breite Zustimmung. Die moderne Treppe im Saal gab dem „Haus Industrieform“ eine unverwechselbare Gestalt. Der Fokus der Ausstellungen wurde in dieser Zeit bereits globaler, was sich in Sonderveranstaltungen zu Design aus Italien oder Finnland zeigte. Deutsches Design wurde zudem in Stockholmer Schaufenstern gezeigt. 1979 zerstörte ein Brand nach einem Kurzschluss die Ausstellung und den Innenraum in der Alten Synagoge, was eine Unterbrechung der Geschichte des Hauses Industrieform zur Folge hatte.

Eröffnung im Amerikahaus (1980–1988)
Erst anderthalb Jahre nach dem Brand in der Alten Synagoge konnte der neue Standort im Amerikahaus eröffnet werden. Zentral in der Stadt gelegen, war er dennoch deutlich kleiner als die Alte Synagoge. Die inhaltliche Orientierung ging in den 1980er Jahren näher zum Verbraucher – mit Ausstellungen über die Gestaltung von Plastiktüten, Autoaufklebern oder Gebrauchslösungen im Wohnbereich in Kooperation mit der IKEA-Stiftung.

Erneuter Umzug: Ehemalige Stadtbibliothek (1988–1997)
Mit dem Umzug in die Alte Stadtbibliothek begann eine umfassende Neuorientierung des Hauses Industrieform. 1990 änderte sich der Name in Design Zentrum Nordrhein Westfalen. Ein neues Corporate Design spiegelte den Wandel der Identität. Zwei Jahre später wurde zum ersten Mal der „Rote Punkt“ als Auszeichnung vergeben und der Kongress „Design quo vadis?“ lotete die Zukunftsperspektiven aus. Als Ergänzung zum Wettbewerb für Produktdesign wurde 1993 ein eigener Wettbewerb für Kommunikationsdesign ausgerufen. Ausstellungen u. a. in Tokio, Singapur und Taipeh unterstrichen die internationale Ausrichtung mit Schwerpunkt auf Asien.

Heutiges Domizil des Red Dot Design Museums: das Kesselhaus der Zeche Zollverein (ab 1997)
Die 1986 stillgelegte Zeche Zollverein wurde zu Beginn der 1990er Jahre als möglicher Design-Standort diskutiert. 1995 fertigte das Design Zentrum Nordrhein Westfalen eine Studie über die Möglichkeit an, den Standort zu einem Design-Park zu qualifizieren und bot sich als erster Mieter auf dem Gelände an. Von 1995 bis 1996 wurde das ehemalige Kesselhaus für seine neue Nutzung von Lord Norman Foster umgebaut – der Beginn einer neuen Ära. Am 29. April 1997 eröffnete die Design-Ausstellung auf der ehemaligen Zeche Zollverein, die am 14. Dezember 2001 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde – und mit ihr das ehemalige Kesselhaus, in dem heute das Red Dot Design Museum seinen Sitz hat. Mehr als 4.000 qm Präsentationsfläche auf fünf Etagen bieten seither Raum für die weltweit größte Ausstellung zeitgenössischen Designs. Das Red Dot Design Museum wurde zu einem lokalen Nukleus für die Entwicklung von Zollverein als Designstandort, gleichzeitig wurde die Internationalisierung durch den Aufbau von eigenen Standorten 2005 in Singapur und 2013 in Taipeh vorangetrieben.

„Dauernde, nicht endgültige Form“: 60 Jahre Designgeschichte in Essen – von der Industrieform zum Red Dot
60 Jahre nach der ersten Ausstellung rekonstruierten das Red Dot Design Museum und das Ruhr Museum die erste „Ständige Schau formschöner Industrieerzeugnisse“ von 1955 mit einem Großteil der Exponate von damals. Vom 29. Juni bis 23. August 2015 präsentierten sie die Ausstellung „Dauernde, nicht endgültige Form“ in Halle 5 auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein und erzählten „60 Jahre Designgeschichte in Essen – von der Industrieform zum Red Dot“. Aktuelle wie historische Exponate wurden gezeigt, Elemente vergangener Präsentationen rekonstruiert und neben Plakaten und Fotografien aus sechs Jahrzehnten auch die Erlebnisse von Zeitzeugen dokumentiert. Ein Highlight der Ausstellung war der legendäre Mercedes-Benz 300 SL, der in der ersten Ausstellung nur in Form eines Posters präsentiert werden konnte und 60 Jahre später im Original ausgestellt wurde. Schirmherr der Ausstellung war der Präsident des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Norbert Lammert. Der Ausstellungstitel „Dauernde, nicht endgültige Form“ ist ein Zitat der Journalistin Clara Menck, das im Zusammenhang mit der ersten Ausstellung zur Industrieform entstand. Es beschreibt Design als permanente Aufgabe, die vom Menschen geschaffene Umwelt zu optimieren und seine Existenz zukunftsfähig zu machen.